Roetgen ist eine Gemeinde in Nordrhein-Westfalen und gehört zum Kreis Aachen. Die Gemeinde hat zirka 8.000 Einwohner. Zur Gemeinde Roetgen gehören die Ortsteile Roetgen, Rott und Mulartshütte, welches der älteste Ortsteil Roetgens ist. Zusammengenommen bildet die Gemeinde mit 39 Quadratkilometer flächenmäßig eine der größten Gemeinden Deutschlands. Durch die Nähe zu Aachen wurde die Gemeinde vor allem für Pendler interessant, es existieren daher verschiedene Neubaugebiete aus den 70er, 80er und 90er Jahren sowie ein Gewerbegebiet aus den 90er Jahren. Zwischen Roetgen und Rott liegt die Dreilägerbachtalsperre, die vom Dreilägerbach sowie über die künstlich angelegten Schleebachgraben und Hasselbachgraben gespeist wird. Das angeschlossene Wasserwerk versorgt unter anderem große Teile Aachens mit Trinkwasser. Roetgen ist nicht zu verwechseln mit Röthgen oder Röttgen. Die Gemeinde Roetgen pflegt Partnerschaften seit 1975 mit dem französischen Wervicq-Sud und seit 1990 mit dem sächsischen Neumark. Die Gemeindeteile Münsterbildchen und Roetgener Wald bilden durch ihre Lage in der Nähe der Vennbahn Exklaven. Die Vennbahn war eine Eisenbahnstrecke, die durch die Grenzziehung nach dem 1. Weltkrieg mehrfach zwischen belgischem Staatsgebiet und deutschem Reichsgebiet wechselte. Ursprünglich verband die Vennbahn die Industriezentren von Aachen-Rothe Erde und Luxemburg auf dem kürzesten Wege.
Der Gesamtbetrieb wurde am 4. November 1889 von der Preussischen Staatsbahn zunächst eingleisig aufgenommen und diente in erster Linie dem Transport von Kohle und Eisenerz. Weiterhin erschloss die Strecke die strukturschwachen Wirtschaftsräume von Westeifel und Hohem Venn, indem sie den dort lebenden Menschen eine Reisemöglichkeit zu den Arbeitsplätzen der Industrien bot. In den folgenden Jahren wurde sie fast vollständig auf zwei Gleise erweitert, was in erster Linie mit den engen Kurven mit einem Radius von 300 m und den häufigen Steigungen von bis zu 1,7 % zusammenhing. Im Ersten Weltkrieg erwuchs der Vennbahn durch ihre Nähe zur Westfront und über den Schlieffenplan eine weitere Bedeutung als Aufmarsch- und Nachschubstrecke. Ab dem 2. August 1914 wurden entlang der Strecke die Truppen für den Handstreich auf den Festungsring Lüttich ausgeladen. Später wurden weitere von ihr ausgehende Eisenbahnstrecken erbaut, so dass die Vennbahn die Kernlinie eines ganzen Netzes von strategischen Bahnen darstellte.
Im Zusammenhang mit dem Vertrag von Versailles fielen die ehemaligen preußischen Landkreise Eupen und Malmedy vom Deutschen Reich an Belgien. Die Vennbahn wechselte durch die neue Grenzziehung in ihrem Streckenverlauf nunmehr mehrfach zwischen dem deutschen Reichsgebiet und Belgien. Da hierdurch mehrfache Grenzkontrollen notwendig gewesen wären, wurde am 27. März 1920 festgelegt, dass Eigentümer der gesamten Eisenbahnstrecke mitsamt seinen Bahnhöfen der belgische Staat sein sollte. So konnte der Zug auf der gesamten Strecke und an den neuen Grenzübergängen seine freie Fahrt fortsetzen. Den Betrieb auf der Vennbahn führt die belgische Staatsbahn Nationale Maatschappij der Belgische Spoorwegen. Für die damalige Zeit ein Kuriosum. Somit entstanden in der Nähe von Monschau und Roetgen östlich der Staatsgrenze und westlich des Bahndamms Exklaven. Das ursprüngliche hohe Verkehrsaufkommen ging nach dem Krieg rapide zurück, da im Zusammenhang mit der Weltwirtschaftskrise vor allem Luxemburg seine Märkte für sein Eisenerz in Richtung Frankreich verlagerte. Hinzu kam der neu eingeführte Zoll, der die luxemburgischen Erze im Deutschen Reich verteuerte. Im Zweiten Weltkrieg wurde die Vennbahn während der Ardennenoffensive Kriegsschauplatz. Dabei wurden die meisten Brücken und Tunnel zerstört. Der Wiederaufbau zog sich langsam hin, südlich von Malmedy und St.Vith bis zur Grenze nach Luxemburg unterblieb er ganz. Das Reststück konnte daher trotz der sich anbahnenden europäischen Einigung nicht weiter für seinen ursprünglichen Zweck genutzt werden und wurde nach und nach ebenfalls stillgelegt. Die letzten Güterzüge bedienten den belgischen Bahnhof Sourbrodt mit militärischem Material für den nahe gelegenen Truppenübungsplatz Elsenborn. Nach der Gesamtstilllegung der Strecke wurde der Versuch unternommen, die landschaftlich reizvolle Vennbahn als Museumsbahn für den Tourismus zu verwenden. Nach zwölf Jahren musste auch diese Form der Nutzung eingestellt werden. Auf dem Abschnitt vom Bahnhof Rothe Erde in Aachen bis zum Ortsteil Kornelimünster liegen keine Schienen mehr, die Trasse dient heute als Radweg, der seit Sommer 2005 entlang der ungenutzten Schienen bis zum Freizeitgelände in Walheim fortgesetzt ist. Auf der Teilstrecke von Kornelimünster bis kurz hinter die Autobahn in Brand ist ein 6 Kilometer langer Planetenlehrpfad in Planung.
Eine Wiederaufnahme des Betriebes für den Schienenverkehr zwischen Deutschland und Belgien wäre nach einer umfangreichen Sanierung theoretisch möglich und wird von Teilen der Bevölkerung gefordert. Zwischen den Bahnhöfen von Monschau-Kalterherberg und Sourbrodt wurde von einem belgischen Unternehmer im Jahr 2004 ein Verkehr mit Fahrraddraisinen unter der Bezeichnung "RailBike" errichtet. Rott ist der zweitgrößte Ortsteil der Gemeinde Roetgen im Kreis Aachen und liegt zwischen Alt-Roetgen und Roetgen-Mulartshütte an der L 238. Östlich von Rott fließt der Lensbach, welcher nördlich des Ortes in den westlich an Rott vorbeifließenden Vichtbach mündet. Das Gebiet um Rott gelangte 1815 an Preußen, und 1816 schlossen sich die selbstständigen Gemeinden Roetgen und Rott zu einer Bürgermeisterei zusammen. 1934 bildeten Roetgen, Rott und Zweifall (mit Mulartshütte) das Amt Roetgen und schlossen sich 1969 freiwillig zu einer Gemeinde zusammen. Am 1. Januar 1972 wurde Zweifall ausgemeindet, so dass die Gemeinde Roetgen heute die Ortschaften Roetgen, Rott und Mulartshütte bilden. In Rott befindet sich ein Kindergarten des Kreises Aachen. 1902 wurde die „Feuerwehr Roetgen/Rott“ gebildet. Mulartshütte ist ein Ort in der Eifel in Nordrhein-Westfalen am Schnittpunkt der Landstraßen L 12 und L 238. Er hat etwa 300 Bewohner und ist ein Ortsteil der Gemeinde Roetgen im Kreis Aachen. Am nördlichen Ortsrand fließt die Vicht vorbei, an deren Verlauf nordöstlich von Mulartshütte das Bad “Mückenloch“ liegt. Von touristischem Interesse ist ferner der große Campingplatz und der „Geologische Lehr- und Wanderpfad“, der erdgeschichtliche und bergbaugeschichtliche Zeugen der Eisenindustrie in der Gemeinde Roetgen darlegt. Aus allen vier Himmelsrichtungen über die Landstraßen gesehen liegt der Ort in einer Senke, woraus sich die Bezeichnung „Dorf im Loch“ ergibt. Nachbarorte sind Roetgen-Rott, Venwegen und Walheim. Mulartshütte geht auf eine 1504 erwähnte Eisenhütte zurück. Typisch für Mulartshütte sind die zahlreichen alten Bruchstein- und Fachwerkhäuser wie beispielsweise das Gasthaus „Altes Jägerhaus“, ein schönes barockes Großfachwerkhaus aus der Eifeler Tuchmacherzeit.
Nach Beschäftigung im Tuchmachergewerbe während des 18. Jahrhunderts war im 19. Jahrhundert landwirtschaftliche Nutzung die Lebensbasis der meisten Mulartshütter Einwohner, worauf typische Baumerkmale der Häuser hinweisen. Im Dorfzentrum steht ein Megalith. Sehenswert ist dort am Dorfplatz außerdem die alte Nagelschmiede mit einer ortsbildprägenden Giebelfront, ein Überbleibsel der früher in Mulartshütte ansässigen Eisenindustrie. Dort befinden sich Dokumente zur Geschichte des Eisenwerks in Mulartshütte und eine Mineraliensammlung aus der Nordeifel. Der 1983 gegründete „Bürgerverein Mulartshütte“ nutzt das Bürgerhaus als Vereinslokal. Die Dreilägerbachtalsperre liegt in Roetgen im Kreis Aachen in der Nordeifel. Betrieben wird sie von der Wassergewinnungs- und -aufbereitungsgesellschaft Nordeifel mbH (WAG) zum Zwecke der Trinkwasserversorgung. Die Staumauer der Talsperre wurde von 1909 bis 1911 (bzw. 1912) nach dem Intze-Prinzip gebaut. Die Gewichtsstaumauer besteht zum größten Teil aus Stampfbeton; der obere Bereich (etwa 6 m) wurde aus Quarzit-Bruchsteinen gemauert. In der Mauer gibt es keine vertikalen Fugen.
An der Wasserseite war ursprünglich eine keilförmige Erd-Vorschüttung (Intze-Keil). Die obere Hälfte der Mauer war mit einer Abdichtung versehen, die mit einer Verblendung geschützt war. (Dies und auch die Angaben in der Tabelle beziehen sich zum Teil noch auf die alte Mauer vor dem Umbau.) - Seitlich ist ein Flügeldamm angeordnet. In den Jahren 1990 bis 1993 wurde die Mauer saniert. Sie bekam dabei einen Kontrollgang an der Wasserseite und eine Vorsatzschale. Die Mauer wurde dabei auch verbreitert und das Mauervolumen vergrößert. Die Hochwasserentlastung befindet sich seitlich am linken Hang und bestand vor der Sanierung aus fünf Hebern mit in ihrer Höhe versetzten Öffnungen und einer Wehrklappe. Heute gibt es eine neue Hochwasserentlastung mit einem im Stauraum stehenden runden Einlauftrichter mit einer angeschlossenen Schussrinne. Der Stauraum wird in verschiedenen Quellen unterschiedlich angegeben. Der angegebene Stauraum von 4,28 Mio. m³ ist wahrscheinlich der Gesamtstauraum, während 3,67 Mio. m³ der Stauraum beim niedrigeren Betriebsstau sein dürfte. Am Fuß der Staumauer betreibt die Wassergewinnungs- und -aufbereitungsgesellschaft Nordeifel mbH (WAG) eine Aufbereitungsanlage, welche das Wasser aus dem Talsperrensystem der Nordeifel aufbereitet und als Trinkwasser in das Leitungsnetz der STAWAG (Stadt Aachen) und der enwor (Kreis Aachen und Kreis Heinsberg) pumpt. Von hier wird ein Großteil der Stadt und des Kreises Aachen sowie des Kreises Heinsberg mit Trinkwasser versorgt. Um die Wasserversorgung zu sichern, ist die Dreilägerbachtalsperre über Stollen mit der Kalltalsperre und der Rurtalsperre verbunden. Eine weitere Wasseraufbereitungsanlage für das gleiche Versorgungsgebiet befindet sich an der Wehebachtalsperre. Der Südteil des Kreises Aachen, also die Gemeinden Monschau, Simmerath, Roetgen (teilweise) und die Stadt Heimbach aus dem Kreis Düren, werden mit dem Wasser der Perlenbachtalsperre versorgt. Das gestaute Gewässer ist unter anderem der Dreilägerbach. Weiterhin erhält die Talsperre Zufluss aus den künstlich angelegten Gräben Schleebachgraben und Hasselbachgraben und über einen Verbindungsstollen aus der 6 km entfernten Kalltalsperre. Die Hochwasserentlastung mündet in den Schleebach, einen Zufluss der Vicht. Die Dreilägerbachtalsperre hat ein Vorbecken mit ca. 50.000 m³ Inhalt. Der Vichtbach oder die Vicht ist ein Fließgewässer in der Städteregion Aachen, welches Roetgen von Südwest nach Nordost und Stolberg (Rhld.) von Süd nach Nord durchfließt und dann in die Inde mündet. Sein Name ist keltischen Ursprungs. Der Vichtbach entspringt in Roetgen in der Nähe der B 258 beim ehemaligen Roetgener Bahnhof, wo er Grölisbach heißt. In Roetgen beginnt der Talverlauf des Vichtbachs, welcher der größte Bach des Gemeindegebietes ist. Er umfließt die Roetgener Ortsteile Rott und Mulartshütte. Der Vichtbach fließt dann durch die Stolberger Stadtteile Zweifall und Vicht sowie die Innenstadt, bevor er im Norden des Stadtgebiets bei Steinfurt/Velau kurz vor der Gemeindegrenze zu Eschweiler in die Inde mündet. In Roetgen erhält der Grölisbach rechter Hand Zufluss vom Roetgenbach, Schleebach und Dreilägerbach (nachdem dieser aus der Dreilägerbachtalsperre austritt), die alle in der so genannten „Roetgener Mulde“ ihr Quellgebiet haben. Ab der Einmündung des Roetgenbaches heißt der Grölisbach Vichtbach. In Rott erhält er rechter Hand Zufluss vom Lensbach und in Mulartshütte vom Rommerichsief. Bei Zweifall erhält er rechter Hand Zufluss vom Vollerbach und im Ort vom Hasselbach.
In Münsterau mündet in ihn rechter Hand die Eigertsief. In Vicht kommen zwei kleinere Zuflüsse zur Linken dazu, und am Ortsende fließt der A-Bach zur Rechten in ihn. Bei Nächtigällchen mündet der Mausbach rechter Hand in den Vichtbach, bei Binsfeldhammer der Rüstbach. Die Wasserkraft des Vichtbachs nutzten in Mulartshütte die gleichnamige eisenverarbeitende Hütte, in Vicht die Reitmeister und in Stolberg die Kupferhöfe der Kupfermeister.
In der Vergangenheit kam es hinter den Stolberger Werken Mäurer & Wirtz und Prym an der Zweifaller Straße zu Verunreinigungen des Vichtbachs. Heute hat der Vichtbach in seinem gesamten Verlauf die Gewässergüteklasse II (mäßig belastet). 1972 bis 1981 wies er oberhalb der Stolberger Werke noch die Güteklasse II-III und unterhalb die Güteklasse III-IV auf. Die Begradigung des Vichtbachbettes wurde in der Stolberger Innenstadt in den 1960er Jahren abgeschlossen, nachdem zuvor gerade die Stolberger Altstadt unter Überschwemmungen zu leiden hatte. Heute werden Erdablagerungen und Pflanzen teilweise nicht mehr entfernt, so dass eine Renaturierung eingetreten ist. Reitwerke (auch Reidtwerk, von ahd. rîtan „herstellen, zurechtmachen, bereitmachen, fertigmachen“, im Neuhochdeutschen nur noch im Kompositum bereiten) sind vorindustrielle Eisenproduktionsstätten, die vom Hochmittelalter bis zur Industrialisierung zuerst in der Eifel und später in der Voreifel am Vichtbach und Wehebach betrieben wurden. Mit ihrer Entwicklung im 14. Jahrhundert kam der Beruf des Reitmeisters (auch Reidtmeisters) auf. Reitwerke entstanden im Spätmittelalter in der Eifel. Die ersten Hütten wurden z. B. in Eisenschmitt und Eiserfey bereits Anfang und Mitte des 14. Jahrhunderts gegründet. Ihre Verbreitung wurde durch einen erhöhten Bedarf der in dieser Epoche neu entstandenen Städte und durch spätmittelalterliche Preissteigerungen bei Fertigwaren und Preisverfall bei landwirtschaftlichen Erzeugnissen begünstigt (diese Divergenz wurde wahrscheinlich durch den Bevölkerungsschwund infolge der Pest ausgelöst).
Die so erwerbslos gewordene Landbevölkerung konnte in und um die Reitwerke ihr Brot verdienen: neben Fachkräften beschäftigten die Reitwerke und ihre Nebenbetriebe auch eine große Anzahl ungelernter Arbeiter für die Holzkohle- und Erzgewinnung sowie den Transport dieser Güter. Reitwerke vereinen zwei Produktionsschritte, das Verhütten und Schmieden des Eisens. Dazu wurden zwei hochmittelalterliche Innovationen eingesetzt, der Hochofen, der den seit Beginn der Eisenverarbeitung eingesetzten Rennofen ablöste, und die Wasserkraft, welche Blasebälge und Schmiedehämmer antrieb und die Eisenverarbeitung von den Höhen in die Täler lockte. Die Hammerwerke befreiten mit den schweren, mechanisch arbeitenden Auswurf- oder Rohstahlhämmern die im Stückofen aus Eisenerz und Holzkohle zusammengeschmolzenen Rohlinge von Schlacken. Später wurden die Hämmer auch zum Recken und Breiten von Rohmaterial benutzt und brachten so die gewonnenen Rohlinge in die gewünschte Form. Bei Frost, Hoch- oder Niedrigwasser musste die Arbeit in den Reitwerken ruhen. Im Einzelnen umfasste der Produktionsprozess eines Reitwerks folgende Betriebseinheiten und Gebäude: Blech nannte man den Platz, wo die angelieferten Erze und Kohlen gewogen wurden. Die Kohlen lagerten in einem eigenen Schuppen. Der Eisenstein wurde an einem eigenen Platz gewaschen und lagerte dann in einem Melder oder Möller bis zur Beschickung des Hochofens.
In der Früh- oder Frischschmiede wurde dem Roheisen der Kohlenstoff entzogen. In der Hammerschmiede wurde Stabeisen geschmiedet, in der Schlacken- oder Schnorrenmühle die Schlacken zerkleinert, Resteisen gesammelt und zum Schluss Sand hergestellt. Sie war meist ein Pochwerk. Sechs Wasserräder wurden benötigt: Eines für das Gebläse des Hochofens, je zwei für Blasebälge und Hammer von Frühschmiede und Hammerschmiede und eines für die Schlackenmühle. In einem Graben wurde das Wasser gestaut und mit Hilfe von Erk (Wehr) und Schütz auf die Räder geleitet. Der hohe Holzkohlebedarf der Reitwerke, die Holzkohle zum Heizen und Reduzierung einsetzten, so dass für die Gewinnung von 15 Kilogramm Eisen 23 Kubikmeter Holz verkokelt werden mussten, führte in Eifel und Voreifel zu Kahlschlag der Buchen- und Birkenwälder, deren Holz am besten für die Holzkohle geeignet war, die in den Reitwerken Verwendung fand, und damit zu einer empfindlichen Verknappung dieses Werkstoffes, auch wenn die Obrigkeit, die ansonsten die Ansiedlung von Reitwerken als willkommene Einnahmequelle förderte, diesem Raubbau durch Erlasse entgegentrat. Die Randlage, in die die Eifler Eisenindustrie durch den Anschluss an Preußen nach 1815 geriet, war - verbunden mit der schlechten Verkehrsanbindung des zum Truppenaufmarschgebiet und Fichtenlieferanten degradierten „Preußisch-Sibirien“ - ein weiterer Grund für den Niedergang. Doch letztlich gab der technische Fortschritt, der zur Entstehung der Reitwerke und frühneuzeitlichen Eisenindustrie in Eifel und Voreifel geführt hatte, dieser Produktionsform den Todesstoß. Durch den Einsatz von Koks bei der Eisenverhüttung und der witterungsunabhängigen Dampfmaschine bei der Weiterverarbeitung (v.a. in Walzwerken) verloren die Reitwerke ihre Wirtschaftlichkeit und wurden im Laufe des 19. Jahrhunderts in Eifel und Voreifel stillgelegt. Die Eisenindustrie wanderte in die Steinkohlenreviere und zu ergiebigeren Erzlagern ab. Mit Ausnahme von Mulartshütte liegen sie heute sämtlich auf dem Stadtgebiet der Stadt Stolberg (Rhld.) in der Städteregion Aachen im westlichen Nordrhein-Westfalen. Zwischen Oberstolberg und Vicht lagen die Reitwerke Dollartshammer, Bernardshammer und Binsfeldhammer. Von ihnen ist nur der Bernardshammer erhalten. Wegen Holzkohlemangels wurden im 18. Jahrhundert diese Reitwerke aufgegeben und von den Kupfermeistern zu Kupferhöfen umgebaut. Andere Reitwerke fungierten nach dem Ende der Eisenherstellung als Kupfer- oder Kornmühlen. Endgültig zum Erliegen kam das Eisengewerbe im heutigen Stolberg erst im Laufe des 19. Jahrhunderts. Vicht war der wichtigste Standort von Reitwerken. Erhalten sind das Henneswerk (Wohnhäuser, Schuppen, Teich), Junkershammer (Wohn- und Betriebshäuser), Neuenhammer, Platenhammer (Frischöfen), Stollenwerk (nur Wohnhäuser). Von ihnen ist der Junkershammer zwischen Vicht und Zweifall der bedeutendste.
In der Mitte des 17. Jahrhunderts erwarb ihn Jeremias Hoesch II (der Jüngere) ganz und machte ihn zum modernsten Reitwerk im Jülicher Land. Hierher verlagerte er die Holzkohlerechte von Kirchenhütte und Vichter Hütte. Nicht erhalten sind in Vicht Klapperhammer (zwischen Junkershammer und Vicht-Jägersfahrt) und die Vichter Hütte nördlich der heutigen Leuwstraße (hinter dem Nepomuk-Bildstock), deren Hammerwerk Konradshammer hieß. In Zweifall lassen die Flurnamen Alter Hammer, Altwerk, Werkerhütte (ca. 1500 bis 1800 in der Nähe der heutigen Werkerstr.) auf ein früheres Reitwerk schließen. Die Cronenhütte (ca. 1500 bis 1800 an der heutigen Hammerbendstr.) ist wahrscheinlich nach ihrem Gründer benannt. Die Kirchenhütte stand in unmittelbarer Nähe der katholischen Kirche und war lange Zeit zu ca. zwei Dritteln im Besitz der Zweifaller Familie Kettenis. 1637 bis 1641 kaufte Jeremias Hoesch die Anteile der Kirchenhütte nach und nach auf und verlagerte auch ihre Eisenproduktion und ihr Recht auf Holzkohle zum Junkershammer. Die Kirchenhütte selbst wurde zur Kornmühle umgebaut. Vichtaufwärts von Zweifall liegt die Mulartshütte, welche dem heutigen Ortsteil von Roetgen den Namen gegeben hat und wohl nach ihrem Begründer Mulart benannt ist. Die Schevenhütte gab wie im Falle von Mulartshütte dem Ort Schevenhütte den Namen, wo die Voraussetzungen für Eisenerzeugung mittels Reitwerken gut waren: Erze wurden entweder vor Ort gefunden oder kamen aus nicht weit entfernten Förderungsstätten wie Vicht, Zweifall oder Gressenich, Holz aus den umliegenden Wäldern für die Herstellung der Holzkohle war reichlich vorhanden, Wasser zum Betrieb der Hämmer und Blasebälge spendete der Wehebach, und ein uralter Verkehrsweg durch den Ort ermöglichte den An- und Abtransport.
Der Raubbau an den Wäldern mit der daraus resultierender Verknappung des Energieträgers Holzkohle und erhöhte Transportkosten, die Übernahme des Rheinlandes durch Preußen 1815 mit dem dadurch bedingten Verlust von Absatzmärkten und nicht zuletzt der Einsatz von Koks statt Holzkohle als Reduktionsmittel führten im 19. Jh. auch in Schevenhütte zum Niedergang der Reitwerke. 1849 werden die beiden Eisenhämmer zum Schmieden des Eisens am Wehebach, der eine am sog. Hammer nördlich und der andere am Joaswerk am südlichen Ortseingang, stillgelegt. 1895, als Pfarrer Anton Bommes seine Schrift „Zur Geschichte des Ortes Schevenhütte im Landkreis Aachen“ verfasste, waren sie noch teilweise erhalten. Länger dauerte die Agonie der „Schevenhütte“, die in der Mitte des Dorfes auf dem sogen. „Hüttenplatz“ (heute gegenüber der Gaststätte „Waldfriede“) stand. Sie umfasste einen Eisenschmelzofen mit Gießerei. Johannes Tilman Joseph Esser (1782-1855), der letzte Reitmeister von Schevenhütte, unternahm nach der Stilllegung des Hüttenwerkes um die Mitte des 19. Jahrhunderts außerordentliche Anstrengungen zum Erhalt der Gießerei, die noch bis zum Jahre 1870 betrieben wurde. Auch Heinrich (Henri) Hoesch III (1800-1879) – seine Familie gründete den späteren Weltkonzern – besaß Anteile an der „Schevenhütte“. Seine Nachfahren versuchten, die Reste der alten Hütte samt Grundstück für den geplanten Kirchenneubau in Schevenhütte zu verkaufen. Ausgeschlossen vom geplanten Verkauf waren das große eiserne Rad, das Wehr sowie die ganze bis dahin besessene Wassergerechtsame. 1889 wurde die Gießerei niedergelegt. Von der Eisenverarbeitung künden heute noch Straßennamen wie „Im Hammer“, „Joaswerk“ oder „Hüttensiefen“. Mit der Entwicklung von Reitwerken im 14. Jahrhundert kam der Beruf des Reitmeisters zuerst in der Eifel auf. Religiöse Verfolgung ließ in der Mitte des 16. Jahrhunderts Hugenotten aus den Niederlanden und Frankreich in die Eifel flüchten: die niederländischen Familien Wolgart und Peuchen und die französische Familie Virmond. Die Eifeler Reitmeister betrieben neben ihrem Eisengewerbe einen mehr oder minder großen Ackerbau und nannten „Ackerer“ als ihren Hauptberuf. Bekannte Eisenfabrikanten der napoleonischen Ära waren Schoeller, Cramer, Virmont, Peuchen, Bastian, Poensgen und Axmacher. In der Voreifel, vornehmlich auf dem heutigen Gebiet der Stadt Stolberg bei Aachen, waren noch vor der Ankunft der messingverarbeitenden Kupfermeister in der Herrlichkeit Stolberg die Reitmeister am Oberlauf des Vichtbaches in Vicht, Zweifall und Mulartshütte sowie in Schevenhütte am Wehebach tätig. Wie die Kupfermeister erhielt dieses Gewerbe an der Vicht Impulse durch Aachener Protestanten. Über mehrere Jahrhunderte war die Familie Hoesch, ursprünglich Aachener Kupfermeister, die führenden Reitmeister im Vichttal. Die Wasserkraft von Vicht und Wehe, Eisenvorkommen in der Nähe (Vichter Eisenstein) und ausgedehnte Waldgebiete für die Herstellung von Holzkohle waren ausgezeichnete Standortfaktoren.
Üblicherweise hielten mehrere Reitmeister Besitzanteile an einem Reitwerk, d. h. sie bildeten eine Gewerkschaft. Diese Besitzanteile nannte man „Tage“, da sie ursprünglich das Recht zur Nutzung des Reitwerks an bestimmten Tagen innerhalb eines Zyklus von 24 Tagen bedeuteten. Diese gemeinschaftliche Wirtschaftsform brachte eine breite Streuung des bescheidenen Wohlstands mit sich. Anfangs überwachten und organisierten die Reitmeister selbst die Produktion, doch mit steigendem Wohlstand stellten sie für diese Aufgabe Hüttenmeister ein und verlegten sich auf die kaufmännische und technische Verwaltung. Außerdem hielten sie Kontakt zu den Absatzmärkten und insbesondere zur Obrigkeit.
Die gestiegenen Holzkohlepreise ab ungefähr 1700 zwangen in der Folge viele Reitmeister zur Aufgabe oder Verlagerung ihres Gewerbes, entweder in die Eifel (Kalltal, Schleidener Tal) oder nach Düren (so ein Spross der Familie Hoesch, der von hier ins Ruhrgebiet gelangte, wo er den gleichnamigen Stahlkonzern begründete). Ganz aufgegeben wurde das Eisengewerbe erst im Verlaufe des 19. Jahrhunderts. Heute zeugen erhaltene Reitwerke und Flurnamen in der Eifel und Voreifel vom Wirken der Reitmeister. Dieser Artikel basiert auf dem Artikel Roethgen aus der freien Enzyklopädie Wikipedia. Dem Artikel Vennbahn aus der freien Enzyklopädie Wikipedia. Dem Artikel Rott (Roetgen) aus der freien Enzyklopädie Wikipedia. Dem Artikel Mulartshütte aus der freien Enzyklopädie Wikipedia. Dem Artikel Dreilägerbachtalsperre aus der freien Enzyklopädie Wikipedia. Dem Artikel Vichtbach aus der freien Enzyklopädie Wikipedia. Dem Artikel Reitwerk aus der freien Enzyklopädie Wikipedia. Das Foto basiert auf dem Bild "Roetgen, Marienkapelle" aus dem zentralen Medienarchiv Wikimedia Commons. Diese Datei wurde unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation veröffentlicht. Der Urheber des Bildes ist Reise-Line. |